Das Forum von Vizsla in Not e.V.

Liebe Forumler

Frage an die Hundeprofis unter euch.

Finn unser Jüngling hat die Angewohnheit uns immer abzulecken, sobald man eine gewisse Distanz zu ihm unterschreitet . Egal ob Gesicht, Hände, Arme usw.

Des weiteren putzt er sich selber kaum. Manchmal ein kurzes Pfoten, After und Pimmselschleck aber dann hat es sich. Artur putzt sich sicher 2-3x am Tag. Nicht übermässig, aber halt normal so wie ich das von Hunden kenne.

Nun meine Fragen:

Kann man dem Hund das ablecken abgewöhnen? Entspannt mit ihm kuscheln ist noch nicht so drinnen, weil man immer mit seiner Zunge rechnen muss
Und die zweite Frage, wie könnte man ihn dazu bewegen sich selber öfters zu putzen. Es scheint, als putze er den Menschen lieber als sich selbst. Wir haben mal
angefangen ihn zu loben während er sich putzt.

Kann es unter Umständen sein, dass er das nie gelernt hat? Sprich er eventuell zu früh von seiner Mutter weggenommen wurde? Das wär auf jeden Fall meine Vermutung.

Danke euch, wir sind froh um Tipps.

noch als Info:

Sein vorheriges Herrchen liess ihn bis 1.5 Jahren schalten und walten wie er wollte.... Könnte dies vielleicht auch ein Grund sein. Denn anfangs räumte er bei uns auch den Abfallkübel aus, wollte das Essen vom Couchtisch wegschnabulieren usw. Im Grunde genommen wurden ihm nie Grenzen gesetzt, auch drängelt sich ständig vor, will immerzu im Mittelpunkt sein usw.

Gut, diese Sachen haben wir mittlerweile im Griff und konnten ihm vermitteln/beibringen, dass er mit solch einem Verhalten nicht zu seinem Ziel kommt. Er ist ja ein schlaues Kerlchen und lernt sehr schnell. Ab und zu vermittelt auch Artur ganz klar, dass er sein vordrängeln nicht gutiert. Seine Signale akzeptiert er jeweils augenblicklich und das Thema ist gegessen.

Hallo Frau Sommer,

ich bin etwas irritiert bei Ihren Fragen. Ich kenne keinen jungen Hund, der nicht Gesicht, Hände etc abschlecken will...

Im ersten Moment denke ich ans Futterbetteln. Schauen Sie sich den Entwöhnungsprozess (Umstellung von säugen auf feste Nahrung) bei wildlebenden Caniden an. Diese bieten Ihren Welpen vorverdaute Nahrung an, die hervorgewürgt wird. Das Muttertier kommt vom Beutezug zurück, wird von den Welpen an der Schnauze stimuliert (lecken am/ im Gesicht oder Kiefer oder sie stoßen sogar dort mit dem Kopf an) und dies löst beim Muttertier den Reflex aus, die halbverdaute Nahrung hervorzuwürgen. Domestizierte Hunde neigen normalerweise nicht zum Futterbrechen, da der Mensch die Futtergabe übernommen hat, dennoch kann man hieran die Reste des angeborenen Verhaltensschemas beobachten.

Allerdings gibt es ja auch die passiven Beschwichtigungssignale, zu denen bei den Hunden u.a. das Schnauze lecken gehört. Könnte es also nicht sein, dass Sie die Individualdistanz Ihres Hundes unterschreiten und er beschwichtigt und damit höflich signalisiert, er möchte das nicht? Sie schreiben ja auch, dass er Ihnen Gesicht, Hände, Arme etc. lecken will, wenn Sie eine gewisse Distanz unterschreiten und dass entspanntes Kuscheln nicht möglich ist.

Beim Putzen des Hundes kann ich nur sagen, dass ich der Meinung bin, dass das ganz individuell wie auch beim Menschen betrachtet werden sollte. Der eine pflegt sich mehr, der andere weniger... Außerdem nehmen wir dem Hund ja auch viel Putzarbeit ab in dem wir ihn reinigen, wenn er z. B. nach dem Spaziergang schmutzig ist. Unser Apollo putzt sich auch nur selten und wenn dann auch nur Penis- und Analregion.

In diesem Sinne - liebe Grüße aus dem Weserbergland!

Nicole Mierke mit Apollo

Liebe Frau Mierke

Vielen lieben Dank für Ihre Zeilen. Schön zu hören, dass auch andere Hunde sich nicht so ausgiebig putzen.

Wegem Abschlecken. Es ist eher das Gegenteil. Er kommt jeweils in die Nähe und will abschlecken. Das kann z.B. auch sein, wenn ich am Compi sitze und arbeite,
dann kommt er hin und beginnt z.B. mein Arm abzulecken. Ohne, dass ich ihn gerufen habe oder ihn irgendwie ermutigt habe zu mir zu kommen. Er kommt aus
freien Stücken. Deshalb habe ich eher das Gefühl, dass es in Richtung Aufmerksamkeit erhaschen geht. Er macht es auch, wenn er satt ist, er gepiselt hat usw.
Sprich, all seine Bedürfnisse sind gedeckt und dennoch habe ich das Gefühl er fordert so Aufmerksamkeit.

Oder auch z.B. wenn ich bei Artur was schauen muss oder ihm kurz widme (wir behandeln beide gleich und beide bekommen gleich viel Aufmerksamkeit) dann kommt
er hin, drängt sich dazwischen oder eben, er beginnt einem sofort abzuschlecken. So à la "he ich bin auch da".

Ist noch schwierig zum beschreiben. Beschwichtigen ist es aus meiner Sicht jedoch nicht, weil eben kein Kommando o.ä. vorher gefragt wurde.

Mir kommt noch Emil (Vizsel von Sven) in den Sinn mit seiner Leguanenzunge. Vielleicht hat er noch einen Tipp?

Wir werden weiter beobachten.

Liebe Grüsse
Melanie

Hallo ihr Lieben.

Ja ja, die Leguanzunge . Also Raketenemil putzt sich im "normalen" Umfang, außer er ist "aus Versehen" mal wieder in eine Schlammpfütze "gefallen", dann müssen die Ollen ran . Dreck mag er anscheinend nicht abschlecken .

Gerne wird sich auch mitten in der Nacht geputzt, dann aber laut und ausgiebig .

Was das Abschlecken betrifft, so hab ich eher auch den Eindruck, dass er alle so begrüßen möchte, wie er auch seine vierbeinigen Kumpels begrüßt. Er verteilt hauptsächlich "Küsschen" (sehr nass ) und gerne auch im "Flug" . Wenn der Zweibeiner sich nicht nach unten bemüht, muss der Emil halt auf Knutschhöhe springen. Das coole ist, er hat sogar einen eigenen Blick dafür . Wenn man mit ihm spielt, kommt irgendwann der "Psychoblick" und danach erfolgt die Schlecksattacke . Das Ablecken von Händen, Armen, oder am liebsten Füße, halte ich auch eher für ein "Rudelverhalten". Bei uns passiert das auch immer in Situationen, wo wir gemeinsam kuscheln, oder zusammen aufm Soffi liegen.

Unser vorheriger Vischel hat das überhaupt nicht gemacht. Oskar war jedoch auch ein ganz anderer Schlag. Absolut ängstlich, schüchtern und Fremde wurden erstmal durch die Beine der Ollen beobachtet .

Stört es uns? Am Anfang war es schon sehr gewöhnungsbedürftig und nicht jeder Fremde mag einen Hundeknutschi. Aber Emil ist halt auch einfach Emil . Jeder Hund hat seine Eigenart und er ist nunmal eine Knalltüte auf vier Pfoten, die wir mit allen Macken über alles lieben .

LG Sven

Hallo Frau Sommer,

wie gesagt kenne ich keinen jungen Hund, der nicht jeden Menschen abschlecken mag (vorausgesetzt er mag ihn). Ihrer Beschreibung nach und wenn Sie sagen, Ihr Finn "kommt aus freien Stücken", dann sieht es doch wohl eher nach sozialer Interaktion aus... Es gibt viele Arten von Lecken, die sich aus dem Ursprungsverhalten ergeben (Beschwichtigungslecken, Zuneigung zeigen, Futterbetteln etc.). Unser Apollo begrüßt jeden den er mag auch nach nunmehr 6 Jahren noch oft mit Küsschen. Zwar Gott sei Dank nicht mehr so stürmisch und distanzlos aber immerhin immer freundlich gesinnt. Wenn es dann noch ein Leckerchen vom Besuch gibt, ist dieser sein bester Freund, der ständig umgarnt wird Canides Ursprungsverhalten mal dahingestellt - so ist das Abschlecken jedenfalls kein unnormales Verhalten eines jungen Hundes.

L. G. Nicole Mierke mit Apollo

Hallo in die Runde,

Sven Thiele wrote: Das Ablecken von Händen, Armen, oder am liebsten Füße, halte ich auch eher für ein "Rudelverhalten". Bei uns passiert das auch immer in Situationen, wo wir gemeinsam kuscheln, oder zusammen aufm Soffi liegen.

Dieses Ritual hat Dömper (7 Jahre) seit ca. einem Jahr auch für sich/uns entdeckt.
Nicht nur Lány, auch wir müssen da herhalten und manchmal kann es schon etwas nervig sein wenn die Jogginhose hochrutscht und Dömper mit einer Inbrunst die nackte Wade bearbeitet...

Liebe Grüße aus Kassel

Hallo Frau Sommer,
ja ja, das Abschlabbern…

Melanie Sommer wrote: Kann man dem Hund das ablecken abgewöhnen? Entspannt mit ihm kuscheln ist noch nicht so drinnen, weil man immer mit seiner Zunge rechnen muss
Und die zweite Frage, wie könnte man ihn dazu bewegen sich selber öfters zu putzen. Es scheint, als putze er den Menschen lieber als sich selbst. Wir haben mal angefangen ihn zu loben während er sich putzt.

Es wird in unterschiedlichen Zusammenhängen gezeigt:
- Im Rahmen der sozialen (gegenseitigen) Körperpflege drückt es ein Zusammengehöhrigkeitsgefühl, Wohlfühlen, Zuneigung usw. aus
- Es kann sich um ein Beschwichtigungssignal und ein aktives Unterwerfungsverhalten handeln
- Es kann ein Stress-Signal sein
- Als aufmerksamkeitserheischendes Verhalten dienen
- Markieren (ja, Hunde markieren auch über Speichel)

Je nachdem, warum der Hund es tut, steckt quasi eine andere „Antwort“ dahinter. Zwingend zu betrachten ist daher der Gesamtkontext (wann, bei wem, wo, was passierte davor usw.?) und die Körpersprache, Mimik und Gestik des Hundes. Dann erst kommt die Frage, wie man sich als Mensch entsprechend verhalten sollte – denn je nach Motivation für das Schlecken muss die Antwort des Menschen auch entsprechend anders ausfallen.

Ganz grob gesagt steckt hinter jeglichem Verhalten, welches zu viel, zu oft, zu übertrieben, zu pedantisch, zu exzessiv etc. betrieben wird, eher eine stressbedingtes als wohlfühlendes Ursache. Es gibt auch Hunde, die Leck-Stereotypien entwickeln. Die Frage, was denn zu viel, zu oft und zu übertrieben ist, ist nicht immer leicht zu beantworten und kann auch nicht in irgendeiner „Masseinheit“ angegeben werden – dafür benötigt man wieder den Blick auf das „Ganze“… Aber das scheint mir hier nicht der Fall zu sein.

Melanie Sommer wrote:Kann es unter Umständen sein, dass er das nie gelernt hat? Sprich er eventuell zu früh von seiner Mutter weggenommen wurde? Das wär auf jeden Fall meine Vermutung.

Ich würde hier nur mit gesicherten Kenntnissen über die Vorgeschichte arbeiten. Alles andere legt einen „Filter“ auf unsere Grundeinstellung (z.B. „die arme Maus, zu früh von der Mutter getrennt…“) und somit auch auf unsere Antwort auf das Verhalten.

Melanie Sommer wrote:Sein vorheriges Herrchen liess ihn bis 1.5 Jahren schalten und walten wie er wollte.... Könnte dies vielleicht auch ein Grund sein.

Das könnte damit zu tun haben, muss es aber nicht… Auch hier: Der Gesamtkontext ist wichtig

Melanie Sommer wrote:Beschwichtigen ist es aus meiner Sicht jedoch nicht, weil eben kein Kommando o.ä. vorher gefragt wurde.

Beschwichtigt wird nicht immer nach einem Kommando…

Die Frage, wie man dem Hund das Abgewöhnen kann, sollte an dieser Stelle nicht beantwortet werden, solange die Motivation nicht klar ist. Je nach Ursache müsste an anderen Stellen mit dem Hund gearbeitet werden, dann könnte sich auch das Ablecken geben….

Aber wenn Sie beobachtet haben, dass Finn das Verhalten vorrangig zeigt, wenn es sich gerade einmal nicht um den Burschen geht – sondern Sie mit anderem beschäftigt sind (am Computer sitzen, sich mit Artur beschäftigen), drängt sich die Vermutung auf, dass es sich weniger um Körperpflege, Zuneigung etc., sondern eher um aufmerksamkeitseinforderndes Verhalten handelt (damit ist aber noch nicht der Stresslevel geklärt). Dann dürfte man ihn z.B. auch gerne in solchen Situationen auf einen zugewiesenen Platz schicken, damit er lernt, dass er mit dem Verhalten nicht zum Erfolg kommt.
Impulskontroll-training schadet keinem Jungspund

Wie fast immer im Leben, gibt es keine einfachen Antworten auf scheinbar einfache Fragen…
Liebe Grüße, Malte Hoog

Hallo Zusammen

Entschuldigt, dass ich hier im Thread nicht mehr reagiert habe. Wir sind in unser Haus umgezogen und dann ging alles drunter und drüber bis Weihnachten/Neujahr. Und ja, im neuen Jahr ist Finn bei einem schrecklichen Unfall ums Leben gekommen.

Ich bedanke mich jedoch herzlich für eure Erfahrungsberichte und hilfreichen Posts.

Liebe Grüsse
Melanie